Ringschnabelenten in Mitteleuropa

14.01.2008 - 19:29
Georg Juen // Mo., 14.01.2008 - 19:29

Nun hat Österreich dank J. Laber die erste twitchable Ringschnabelente und dieser Nachweis bildet auch der 3. für Österreich(bei Anerkennung durch die AFK).
Im übrigen Mitteleuropa sind seit Ende/Mitte Dezember 2007 schon länger Ringschnabelenten anwesend:
Genfersee/Schweiz: 1W. http://www.chclub300.ch/gallery/schweizgallery/selten/index.php?show_im…
Niedersachsen/Deutschland: 2 W.(verschiedene Ind.-eine im Westen und die Andere im Osten von Niedersachsen) http://www.club300.de/
Niederlande: 1W. http://www.dutchbirding.nl/
Auffallend ist, dass wie oben erwähnt, es nur Weibchen sind(obwohl sie deutlich weniger auffallender sind als die Männchen)!

Dank Johannes Laber hat nun die österreicherische Orniszene erstmals die Gelegenheit, sich eine Ringschnabelente anzusehen.
Johannes Laber hat mit seiner prompten Weiterleitung, der überdurchschnittlich hohe Bemühungen zur unmittelbaren Meldung noch vor Ort vorangegangen sind, dafür gesorgt, dass die bisher größten Twitches Österreichs aus den vergangenen Jahren (Schwarzkehldrossel, Oberpullendorf, Wolf/Ranner; Drosseluferläufer, Rheindelta, Juen; Grünlaubsänger, Dobratsch, Albegger) bei weitem übertroffen wurden. Eine für österreichische Verhältnisse unglaublich hohe Zahl von Beobachtern hat sich die Ringschnabelente angesehen und diese Zahl wächst täglich weiter. Bisher werden wohl um die 50 Beobachter vor Ort gewesen sein!

Die Ringschnabelente wurde zuletzt von Peter Rass am 22.01.2008 gemeldet, die Nachsuche durch diverse Beobachter am 26.01. und 27.01.2008 blieb unbelohnt. Die Neue Donau ist mittlerweile wieder zur Gänze einfrei, was die Verteilung der Wasservögel zur Folge hat. Es kann aber natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Ringschnabelente nach wie vor im Gebiet befindet.

Soeben wurde über das bird.at-Forum von Alex Panrock (APA) gemeldet, dass er die Ringschnabelente heute zwischen Flordisdorfer Brücke und Nordbrücke im größten Ententrupp, bestehend im Wesentlichen aus Reiher- und Tafelenten, wiederfinden konnte. Es besteht somit für jene, die sich diese Ausnahmeerscheinung an der Neuen Donau noch nicht angesehen haben, wieder Hoffnung!

Es mag sicher zutreffend sein, dass das eine oder andere Individuum der Ringschnabelente aus nordamerikanischen Gefilden den Atlantik überquert und somit europäisches Festland anfliegt. Dennoch meine ich doch, etwas vorsichtiger damit umzugehen, das Tier als Wildvogel zu kategorisieren. Es ist auch ein Unterschied ob einer oder mehrere Individuen auftreten, welche Alterskategorie die Vögel aufweisen bzw. ob man denn so eine NA-Art an der irisch winterlichen Küste oder im mitteleuropäischen Binnenland vorfindet!

Ein Großteil aller gesichteten Tiere dieser Art dürfte - leider nicht immer eindeutig- auf Gefangenschaftsflüchtlinge zurück zu führen sein. Diese Art wird in Mitteleuropa recht gerne und häufig in Menschenhand gehalten und auch nachgezogen. Da sich entflogene Tiere recht schnell an ihre "neue Umgebung" und somit an das Fluchtverhalten anderer Wildvögel anpassen können, scheint dies manchmal perfekt in das Bild eines "astreinen Wildvogels" zu passen.

Generell spielen natürlich auch sehr wichtige Merkmale wie Migrationsgeschwindigkeiten, Sozialverhalten, eine eher rein genetisch gesteuertes oder mehr erworbenes Zugverhalten eine Rolle im Auftreten einzelner Arten.

Im Vergleich dazu dürfte die Situation bei einer Vielzahl anderer, bei uns bislang ungewöhnlicher eurasischer Arten wie der Ringel- oder Rothalsgans wesentlich eindeutiger sein. Da ein unbestimmter Teil der im Seewinkel überwinternden Bläßgänse mit großer Wahrscheinlichkeit Brut und/oder Mauser auf Taimyr durchführt und sich somit mit den anderen beiden dort brütenden Arten mischen kann, ist gerade die Anwesenheit einzelner Ringelgänse nicht ganz verwunderlich. Man darf nicht vergessen, dass die Bläßgans ein hochnordisch brütender Vogel ist. Die nördliche Brutverbreitung reicht bis in die Flechtentundra. Damit tritt die Art leicht in Kontakt mit den in der Küstentundra brütenden Ringelgänsen, die ihre Migrationsrute ja großteils entlang des sibirischen Küstenverlaufes legt und sich somit vom kontinentalen Zugweg der Bläßgänse trennt.

Zudem zeigt die Rothalsgans wie ohnehin längstens jeden bekannt, stetig einen "westwärts-Trend" im Zugverhalten an. Weiters findet man bei Bläßgänsen immer wieder winterliche Kurzstrecken-austausch-züge zwischen den pannonischen und pontischen Zugwegen.

Ganz sicher wichtig für jegliche Bewertung - besonders auch der Weißwangengans, die sehr oft in Gefangenschaft gehalten wird-, ist das Erstauftreten eines "sog. verdächtigen Wildvogels". Wenn diese Vögel mit den Wintergänsen eintreffen, ist diese Einzelsituation sicherlich anders zu bewerten, als ein im Sommerhalbjahr entdecktes und zu beobachtendes Tier.
Wildvögel dieser Art dürften wohl statistisch am häufigsten aus Nowaya semlja stammen, um von dort aus ebenfalls mit Bläßgänsen der Südinsel , den pannonischen Raum zu erreichen? Besonders bedeutsam für ein zukünftig vermehrtes Aufteten dieser Art, scheint hierbei auch die deutliche Bestandesvermehrung in großen Teilen ihrer Brutgebiete zu sein!

Dennoch finden sich immer wieder erstaunliche belegte Zugmuster, wie im Falle eines normalerweise in den Weststaaten überwinternden und dort beringten Schneeganters (lesser snow). Das selbe Tier wurde im nächsten Winter an der Ostküste vorgefunden und verpaarte sich mit einer greater snow goose, um im darauffolgenden Jahr nach Westeuropa zu migrieren.
Durch die auffällige Markierung des Vogels konnte Klarheit geschaffen werden! Leider ist dies nicht immer so leicht.

mfg

j.

Zuerst danke für den ausführlichen Beitrag.

Es mag sicher zutreffend sein, ... oder im mitteleuropäischen Binnenland vorfindet!

Hier, wenn Du mir gestattest, möchte ich Dir bei diesem Absatz widersprechen:
bei den Exemplaren der Niedersächsischen und der Niederländischen Ringschnabelente, die schon im Spätherbst und Frühwinter in den jeweiligen Gebieten aufgetaucht sind, konnte man auf den allerersten Bildern schon erkennen, dass diese Vögel doch junge Weibchen waren, zumindest anhand der kontrastärmeren Schnabelfärbung.
Aber wirklich schlussendlich kann man auch hier nichts ausschließen, weil auch Geflügelhalter in Europa solche Arten züchten können und dann alle ungefähr zur gleichen Jahreszeit ausbüchsen können um bei uns aufzutauchen.
Hier könnte man natürlich jedem Vogel ein Sender oder ein Halsmanschetterl herumschnallen, aber das wäre utopisch im Verwirklichen.
Aber hier hat die AFK das letzte Wort und ich halte mich an die Regeln unserer Kommission. Allerdings müssen hier trifftige Argumente vorliegen um den Vogel von Wien als D oder E zu deklarieren.
Beim Auftauchen vor den Westküsten Europas stimme ich Dir zu, dass das fast ohne Zweifel welche von Nordamerika sind, aber nur fast! Denn auch die Briten halten ungeheuer viel Wasservogelwerk!
Und bei Deiner Annahme, dass alle oder viele unserer mitteleuropäischen R-S-Enten aus der Voliere stammen, verstehe ich als Deine persönliche Meinung, die ich akzeptieren kann.
Denn die Schweizer haben ca. 20 Wilde und 2 Gefangene, die Ungaren, Tschechen, Polen je 2 Wilde.
Die Anerkennung dieser Nachweise ist den jeweiligen Seltenheitskommissionen vorbehalten.
Ich finde, dass zuerst die "Unschuldsvermutung" gilt, d.h. wenn jemand wirklich beweisen kann, dass ungefähr zu dieser Zeit welche ausgeflogen sind, dann kann man darüber diskutieren. Umgekehrt ist es eher schon eine bequeme Art, diese Spezies als E oder D zu kategorisieren.

Und was die Nonnengans anlangt, da kann man auch nichts ausschließen: ende April/anfang Mai 2006 konnte ich eine wahrscheinlich adulte im Seevorgelände bei Podersdorf fotographieren, eine Hinterbliebene, die den Anschluss mit den ziehenden Blässgansen versäumt hat oder gar eine C, D oder E aus dem Westen?

Und mit dem Rest Deines Skriptums bin ich der selben Meinung.
Schöne Grüeß, Georg

Hallo!
Ich darf ersuchen, die Gründe für die Fraglichkeit der Reinrassigkeit der Ringschnabelente näher zu erläutern. Die Bezeichnung Halsringente ist der alte Artname der Ringschnabelente, verwendet etwa in Pareys Vogelbuch, 2. Auflage aus den späten 1970er Jahren.
Ernst Albegger